Stiftskirche Kaiserslautern
Ein Blick in die Geschichte der Stiftskirche
Während der Renovierung 1965-1968 wurden bei Grabungen eine römische Kulturschicht der Kaiserzeit angeschnitten und Fundamente einer dreischiffigen Vorgänger-Kirche mit 40 Metern Länge und 16 Meter Breite freigelegt. Mit dem Bau dieser Vorgängerkirche, einer Basilika, begann der Prämonstratenser-Orden wohl zu Beginn des letzten Viertels des 12.Jahrhunderts.
1245/50: Der Baubeginn der heutigen Stiftskirche wird hier angesetzt (nach
Wilhelm Weber), zwischen 1320/25 und dem zweiten Viertel des
14. Jahrhunderts wurde die dreischiffige Halle errichtet,
um 1500 die beiden Westtürme vollendet.
1510/11: Umwandlung in ein weltliches Kollegstift, das im Zuge der
Reformation aufgelöst wird.
1554: Berufung der ersten protestantischen Pfarrer aus dem Elsass
nach Kaiserslautern.
1565: Erster reformierter Gottesdienst in der Stiftskirche.
1818: Die Stiftskirche wird zur Mutterkirche der Union - Vereinigung der
Lutheraner und Reformierten in der Pfalz. Zum Abschluß, der in
Kaiserslautern tagenden Generalsynode, findet am 16. August 1818
ein Festzug zur Stiftskirche statt. Im Anschluß an den Gottesdienst,
besiegeln die Mitglieder der Generalsynode und die übrigen
Teilnehmer des Gottesdienstes die gelungene Kirchenvereinigung
mit der Feier des gemeinsamen Abendmahls.
1878/80: Umfangreiche Restaurierung der Stiftskirche.
1883: Anlässlich des 400. Geburtstages Martin Luthers und der
65. Wiederkehr des Union-Jubiläums, wird das von Konrad von Knoll
gestaltete Unionsdenkmal (heute in der Vorhalle) errichtet.
Neben den Figuren Calvins und Luthers finden sich Porträts von
Melanchthon, Zwingli, Bucer sowie - an den Seiten -
Franz von Sickingens und Huttens.
Der Friedensengel bewahrt und krönt das Werk der
Kirchenvereinigung.
5.1.1945: Durch eine Fliegerbombe wird der Hauptturm getroffen, Dach und
Gebälk des Chores und des Langhauses zerstört.
1946/50: Wiederaufbau der Stiftskirche.
1965/68: Erneute Renovierung - heutige Gestalt.
Die Glocken der Stiftskirche
Viele ältere Mitbürger werden sich noch an die feierliche Einholung der Stiftskirchenglocken vor 46 Jahren, im Herbst 1957 erinnern. Denn nur die 1863 gegossene Glocke der Lutherkirche am Rittersberg hatte als älteste Glocke der Stadt die kriegerischen Stürme der Zeitgeschichte überstanden. Da die Glocken der Stiftskirche in beiden Weltkriegen für Heereszwecke eingeschmolzen worden waren, wurden am 16.August 1957 sechs neue Glocken in der Karlsruher Gießerei Gebrüder Bachert gegossen und Anfang November in den Glockenstuhl der Kirche aufgezogen. Das Geläut besitzt ein Gesamtgewicht von 9380 kg.
Allein 3985 kg wiegt die Feiertags- oder Glaubensglocke in "As" mit dem Symbol des Christusmonogramms und dem Wort aus 1.Korinther 3,11 und 1.Petrus 2,6: „Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Christus. Wer an ihn glaubt, soll nicht zu Schanden werden."
Die Silhouette Kaiserslauterns zeigt die 2000 kg schwere, von der Stadt der Stiftskirche geschenkte Heimatglocke in "C", deren Inschrift lautet:
"So spricht der Herr. Rede und schweige nicht. Denn ich habe ein großes Volk in dieser Stadt. In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden." (Apostelgeschichte 18,9-10 und Johannes 16,33).
An den 1818 in der Stiftskirche vollzogenen Brückenschlag zwischen Lutheranern und Reformierten und an die Tradition ihres gemeinsamen Abendmahls in der Glockenstube erinnert mit 1260 kg die Unionsglocke in "Es". Neben der Jahreszahl 1818 zeigt dieses Geschenk des "Wiederaufbauvereins der AposteIkirche" als Unionssymbol den Abendmahlskelch und mahnt mit Epheser 4,3: "Seid fleißig zu halten die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens."
Die mit einem Fries aus Rebenranken und Ähren verzierte, 885 kg schwere Abendmahlsglocke in "F" ist geschmückt mit dem Wort Christi aus dem Johannesevangelium, Kapitel 15, Vers 5: "Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht. Denn ohne mich könnt ihr nichts tun."
Das Symbol des göttlichen Amen, die Schwurhand vor den drei Kreuzesarmen, zeigt die 780 kg schwere Vater-Unser-Glocke in "G" mit dem Spruch aus Johannes 15,16: "So ihr den Vater bittet in meinem Namen, wird er's euch geben."
470 kg wiegt die Taufglocke in "B", die die Evangelische Jugend Kaiserslautern "ihrer Stiftskirche" geschenkt hat. Neben dem Symbol des Kreuzes über der Weltkugel steht die Verheißung aus dem Beginn des 3. Kapitels des 1. Johannesbriefes: "Sehet, welch eine Liebe hat der Vater euch erzeiget, daß ihr Gottes Kinder sollt heißen."
Dr. Wolfgang Müller